EDI in der Automobilbranche

EDI wird in der Automobilindustrie bereits seit über 40 Jahren eingesetzt. Der reibungslose Ablauf der heutigen Automobilproduktionslinien hängt vom nahtlosen Austausch von Geschäftsdokumenten zwischen den Automobilherstellern und ihrer Lieferkette ab.

Viele der Geschäftsprozesse, die bei der Herstellung heutiger Autos zum Einsatz kommen, wurden auf der Grundlage eines Produktionssystems entwickelt, das von Toyota in Japan konzipiert wurde. Bewährte Verfahren wie Just-in-Time (JIT) und Lean Manufacturing wurden um das "Toyota-Produktionssystem" herum entwickelt. JIT- und Lean-Manufacturing-Prozesse sind für den reibungslosen Ablauf vieler Produktionslinien auf der ganzen Welt von zentraler Bedeutung, und EDI bietet eine schnelle und effiziente Möglichkeit zur Übertragung von Geschäftsdokumenten, um diese Art von Fertigungsprozessen zu unterstützen. Die Transparenz von Lagerbeständen und die Benachrichtigung, wann Lieferungen an der Produktionslinie eintreffen, sind entscheidend für den Erfolg von JIT- und Lean-Manufacturing-Prozessen.

Aufgrund des globalen Charakters der Automobilindustrie ist es für die Automobilhersteller wichtig, dass sie ihre Zulieferer so schnell wie möglich einbinden können, unabhängig davon, wo auf der Welt sie sich befinden. Viele Automobilhersteller haben beispielsweise eine Produktionspräsenz in Osteuropa, Brasilien und China aufgebaut. Es muss sichergestellt werden, dass die in diesen Regionen ansässigen Zulieferer in der Lage sind, EDI-Dokumente so reibungslos wie möglich auszutauschen. IKT-Kenntnisse sind in Niedrigkosten- oder Schwellenländern traditionell sehr rar. Daher müssen die Automobilhersteller dafür sorgen, dass sie einfach zu bedienende EDI-Tools bereitstellen können, die es auch den kleinsten Zulieferern ermöglichen, elektronisch zu handeln.

Aufgrund des globalen Charakters der Automobilindustrie sind heute zahlreiche Kommunikations- und Dokumentenstandards sowie eine Reihe regionaler EDI-Netze im Einsatz. Im Folgenden werden die Struktur der Automobil-Lieferkette und eine Beschreibung der verwendeten Kommunikationsprotokolle und Dokumentenstandards beschrieben.

Struktur der Lieferkette

Die Automobilindustrie hat eine mehrstufige Lieferkettenstruktur, die sich am besten anhand des folgenden Diagramms veranschaulichen lässt. Dem Automobilhersteller oder OEM vorgelagert sind die Tier-1-Lieferanten. Diese Unternehmen liefern in der Regel einige der größten Komponenten oder Subsysteme für die Fahrzeuge, wie z. B. eine Aufhängungsbaugruppe oder ein Getriebe. Die vorgelagerten Tier-2-Zulieferer liefern in der Regel Komponenten an die Tier-1-Zulieferer, z. B. Pumpen, Elektromotoren oder Lagerbaugruppen. Noch weiter vorgelagert sind die Tier 3-x-Zulieferer, die die Tier 2-Zulieferer mit allem beliefern, von Halterungen über Dichtungen bis hin zu bearbeiteten Komponenten usw.

Da die Tier1-Zulieferer für die Automobilhersteller am wichtigsten sind, verfügen sie in der Regel über ein Werk in der Nähe der Automobilhersteller, um die Just-in-Time-Produktionsprozesse zu unterstützen. Tier-2-x-Zulieferer können überall auf der Welt ansässig sein, und viele Unternehmen in diesem Sektor haben eine Produktionspräsenz in Niedrigkostenländern auf der ganzen Welt aufgebaut, z. B. in China und Indien. Neben den Tier2 - x-Zulieferern gibt es auch Rohstofflieferanten, wie z. B. die Stahlhersteller, die Blechprodukte direkt an die Automobilhersteller liefern.

Im Anschluss an die Erstausrüster (OEMs) werden die Drittlogistikanbieter (3PL) die fertigen Fahrzeuge an Lager und Vertriebszentren auf der ganzen Welt verteilen. Diese werden dann je nach Bedarf an die Händlernetze ausgeliefert.

Verwendete Kommunikationsprotokolle

Die Automobilindustrie verwendet eine Reihe von Standard-Kommunikationsprotokollen wie z. B. FTP, aber in Europa ist das wichtigste Kommunikationsprotokoll heute OFTP, das Odette File Transfer Protocol. OFTP wird in der europäischen Automobilindustrie seit Mitte der 1980er Jahre verwendet, und die meisten Automobilhersteller nutzen dieses Protokoll für die Kommunikation mit ihren Geschäftspartnern. Mit der Einführung des Internets haben viele Automobilhersteller mit der Odette-Organisation zusammengearbeitet, um den OFTP-Standard auf den neuesten Stand zu bringen. 2010 wurde eine neue Version namens OFTP v2.0 auf dem Automobilmarkt eingeführt. Diese neue Version von OFTP wurde von Anfang an für die Verwendung über das Internet konzipiert und bietet einen sicheren Austausch von Dokumenten durch Verschlüsselung und den Austausch digitaler Zertifikate. Mit OFTP2 lassen sich auch große Dateien wie Computer Aided Design (CAD)-Dateien problemlos austauschen. Der Austausch von CAD-Dateien ist in der Automobilindustrie aufgrund der sensiblen Natur und der Größe der zu übertragenden Dateien ein häufiges Problem.

Verwendete Standards dokumentieren

Neben den eher traditionellen EDI-Dokumenten wie ANSI X12 und EDIFACT wurde eine Reihe regionaler Standards zur Unterstützung der Automobilhersteller in Europa verwendet. In Frankreich beispielsweise ist der Odette-Standard bei Automobilherstellern wie PSA Peugeot Citroen weit verbreitet, und in Deutschland hat die VDA-Organisation eine Reihe von Dokumentenstandards für BMW, die Daimler AG und die VW-Gruppe entwickelt. Der Einsatz von Web-EDI-Lösungen ist in der Automobilindustrie weit verbreitet, da sie es kleinen Geschäftspartnern ermöglichen, Geschäftsdokumente mit den Automobilherstellern auszutauschen. Um die Automobilhersteller davon abzuhalten, Web-EDI-Portale einzurichten, die alle ein unterschiedliches Erscheinungsbild haben, hat die Odette-Organisation in Europa einen Standard entwickelt, wie die Web-EDI-Formulare auf einer Webseite gestaltet werden sollten. Odette Forms Version 2 ist der aktuelle Standard, der heute verwendet wird, und Anbieter von Web-EDI-Lösungen müssen in der Regel anhand dieses Formularstandards zertifiziert werden, bevor ihre Lösung von der Odette-Organisation zugelassen wird.

Industrie-Verbände

Die Automobilindustrie wird von einer Reihe von Branchenverbänden vertreten. Diese Verbände haben die Aufgabe, Standards für den elektronischen Informationsaustausch zwischen den Unternehmen der Automobilindustrie zu schaffen. Aufgrund der globalen Expansion in den letzten Jahren arbeiten die Branchenverbände in der ganzen Welt immer enger zusammen, damit die Automobilunternehmen so schnell wie möglich neue Werke errichten und neue Geschäftspartner einbinden können.

Die Verbände der Automobilindustrie sind in den wichtigsten Produktionszentren der Welt angesiedelt, z. B. in Nordamerika, Europa und Japan. Sie setzen sich aktiv dafür ein, dass die Automobilunternehmen in ihren jeweiligen Regionen Mitglied in ihren Verbänden werden und sich an den verschiedenen Arbeitsgruppen und Projekten beteiligen, die durchgeführt werden. Typische Projekte sind z. B. MMOG/LE (Materials Management Operations Guideline and Logistics Evaluation), OFTP2 und MOSS (Materials Off-Shore Sourcing). Die Arbeit der Industrieverbände bietet ein ideales Umfeld für Betatests dieser Projekte, bevor sie in der Automobilindustrie in der Produktion eingesetzt werden.

Zu den wichtigsten Industrieverbänden gehört Odette, die der europäischen Automobilindustrie dient. Innerhalb dieser Gruppe kümmert sich die VDA-Organisation um die Belange der in Deutschland ansässigen Automobilunternehmen und Galia um die Automobilunternehmen in Frankreich. Die Automotive Industry Action Group (AIAG) ist für die nordamerikanische Automobilindustrie zuständig und die Japanese Automotive Manufacturers Association (JAMA) für die japanische Automobilindustrie.

Branchenspezifische Netzwerke

Zusätzlich zu den traditionellen EDI-VAN-Anbietern wird die Automobilindustrie von einer Reihe regionaler privater Netze bedient. Die bekanntesten Netze sind das American Network eXchange (ANX), das European Network eXchange (ENX) und das Japanese Network eXchange (JNX). Diese Netze bieten eine sehr sichere Methode zum Austausch von Informationen innerhalb einer Automobilgemeinschaft. In Europa wird ENX zum Beispiel für den schnellen Austausch von Konstruktions- oder Computer Aided Design-Dateien genutzt. Obwohl die Netzwerke ursprünglich entwickelt wurden, um die regionalen Anforderungen der Automobilunternehmen zu erfüllen, hat ihre globale Ausdehnung dazu geführt, dass es notwendig wurde, Konnektivität zu diesen individuellen Netzwerken bereitzustellen. Das OpenText Business Network stellt die Konnektivität zwischen den verschiedenen privaten Netzwerken her und ermöglicht den Automobilherstellern einen nahtlosen weltweiten Informationsaustausch.